„Das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte und meine Zuversicht setze auf Gott den Herrn“ (Psalm 73,28)
Dieses Wort war vor über 50 Jahren mein Konfirmations-spruch: ein gutes Wort, das aber immer wieder genährt, erneuert werden muss durch Erfahrungen im Leben, die Zuversicht begründen. Damit Sie, liebe Menschen in der Lissaboner Gemeinde, mich näher kennenlernen, möchte ich von Erfahrungen erzählen, die mich persönlich in meinem Glauben geprägt und bestärkt haben, und dadurch anregen, dass jede und jeder nach solchen Spuren Gottes im persönlichen Leben sucht. So wissen Sie mehr über mich als mein Alter (69 Jahre), den Familienstand (unverheiratet) und die letzten Tätigkeiten (Pfarrer in der Bremer Innenstadt, im Ruhestand Auslandsdienst in Kiew).
Ich fange an zu erzählen von Erfahrungen, die jeder machen kann, die für mich aber mehr bedeuten: Vor 27 Jahren brach ich auf ins Unbekannte, weg von meiner Heimatstadt Bremen auf eine Auslandspfarrstelle in Zypern und den arabischen Ländern, wo ich dann sieben Jahre lang bleiben sollte: Ich fuhr mit dem Liegewagenzug von Bremen nach Italien, und von dort mit dem Schiff nach Zypern, mehrere Tage lang. Wie ich so im Liegewagen lag und dann in der Koje auf dem Schiff, habe ich gedacht: Da liegst du nun hier, du kannst es nicht steuern, du musst es geschehen lassen. Du musst dich auch nicht anstrengen, um an den neuen Ort zu kommen. Du wirst getragen. Einer trägt dich durchs Leben. Darauf kannst du vertrauen.
Etwas Ähnliches erlebe ich beim Wandern, was ich besonders gern tue: Jeder Schritt ist eine Vertrauensübung: Du hebst einen Fuß vom Boden, hast ihn für einen Augenblick in der Luft, du setzt ihn auf den Boden und vertraust darauf, dass der Boden hält. Immer wieder den Boden unter den Füßen zu spüren, das ist eine wunderbare Erfahrung beim Wandern. Ich vertraue mich dem Boden an und bekomme dadurch eine Ahnung vom Grund des Lebens, der uns trägt.
Noch eine Erfahrung, die mich auf den Gedanken bringt, dass das Leben mehr ist als das, was ich daraus mache: Ich spiele Klavier, habe ein Stück gründlich geübt, und nun spiele ich es: Ich merke, die Finger laufen wie von selber. Ich denke überhaupt nicht mehr an Fingersätze, an schwierige Stellen, sondern die Musik spielt in mir, in meinen Fingern, in meiner Seele, reißt mich mit. Ich überlasse mich der Musik und dem, was sie mit mir macht. Es ist eine Erfahrung des Schwebens, eine Leichtigkeit jenseits aller Anstrengung.
Auch Worte haben sich mir eingeprägt: ich verstehe sie als Worte Gottes an mich persönlich: In einer Zeit, die für mich persönlich nicht leicht war, wurde plötzlich etwas für mich lebendig, woran ich jahrzehntelang nicht mehr gedacht hatte: In meiner Studienzeit hatte mir ein Freund einmal eine Postkarte geschrieben, auf der nichts anderes stand als der Satz: Gott liebt wahnsinnig. Damals hatte ich das als Ausdruck jugendlichen religiösen Überschwangs angesehen, wofür ich nicht so eine Antenne hatte. Er schien auch verliebt zu sein. 30 Jahre später später fiel mir auf einem Spaziergang diese Postkarte wieder ein, dieser Satz, und auch die Handschrift trat vor mein inneres Auge. Und ich wusste: Ja, so ist es. Das ist die Quelle von allem, das ist das Licht, in dem ich das Leben, die Menschen, Gott und auch mich selber sehen darf. Es ist das keine neue Erkenntnis, die sich mir nach langem Grübeln aufgrund intensiven Nachdenkens erschlossen hätte, denn den Gedanken als solchen wusste ich natürlich schon immer. Es war vielmehr eine Art Erleuchtung, die mir da persönlich aufgeblitzt ist, die mich aber seitdem bestimmt und die ich mir täglich bewusst mache.
Ich denke in diesem Zusammenhang auch daran, dass sich mir bei einer Grauen-Star-Operation, also in einer extremen Situation, wenn die Augenlinse ausgewechselt wird, völlig unbeabsichtigt die Worte des 73. Psalms sich einstellten. Ich hatte es mir nicht vorgenommen, mir nicht gesagt: Jetzt denkst du an ein Bibelwort, und daran hältst du dich fest. Nein, es stellte sich von sich aus ein: „Dennoch bleibe ich an dir stets an dir, Gott; denn du hältst mich bei meiner rechten Hand, du leitest mich nach deinem Rat.“
Warum erzähle ich das? Wenn es doch nur etwas Persönliches ist, was andere nicht in derselben Weise nachvollziehen können. Ich erzähle es, weil ich überzeugt bin, dass der Glaube zu einer lebendigen Kraft wird, wenn er sich an Erfahrungen und Erlebnissen festmacht, die einen persönlich berühren, die einem sagen: Ja, das ist es, worum es letztlich im Leben geht. All der alltägliche Kram, ja, auch manche Angst und viele Sorgen werden einen dann nicht so in Beschlag nehmen, vielleicht sogar ganz abfallen. Bei allem Schaffen, was uns Tag für Tag beschäftigt, wird dann die Freude, dass ich mich zu Gott halte, im Vordergrund stehen. Solche Freude wünsche ich uns allen.
Ich bin gespannt, wie der Weg aussieht, auf den Gott mich jetzt führt, und welche Erfahrungen in Lissabon auf mich warten.
Peter Oßenkop
Neu: Offene Tür im Gemeindehaus und Sprechstunde des Pfarrers
Eine Tasse Kaffee im Gemeindehaus als Einladung zum Gespräch: So stelle ich mir künftig den Dienstagnachmittag der offenen Tür im Gemeindehaus vor. Jede und jeder ist eingeladen vorbeizuschauen und Platz zu nehmen.
Jeden Dienstag in der Zeit von 16- 18 Uhr erwarten wir Sie: der neue Pfarrer und Lea, die neue Mitarbeiterin im Freiwilligkeitsdienst; auch das Gemeindebüro ist in dieser Zeit besetzt. Wir freuen uns über gute Gespräche über Gott und die Welt, lebhaften Erfahrungsaustausch und manche Anregungen für das Gemeindeleben. Wenn Sie an diesem Nachmittag in Ruhe mit dem Pfarrer sprechen wollen, kann das ungestört im Nebenraum erfolgen. Auch Seelsorgegespräche können vereinbart werden.
Das ist ein neues Angebot. Ich würde mich freuen, wenn dieser Nachmittag Anklang findet und ich dabei viele von Ihnen kennenlerne.