Unsere Kirche und das Pfarrhaus

Eine Oase mitten in Lissabon

Erste Skizze des Pfarrers
Erste Skizze des Pfarrers

 

Die Idee

"Anlässlich des Jubiläums wurde die Anregung laut, eine neue Kirche mit Pfarrhaus zu bauen, und auch sofort allseits zustimmend aufgegriffen – ein Zeichen dafür, wie stark sich die Gemeinde fühlte und wie gewiss sie ihrer Zukunft war." 

Dieses Zitat findet sich in der Festschrift zum 150-jährigen Gemeindejubiläum 1911. Aber erst mit Beginn der 30er Jahre und im Engagement des damaligen Pfarrers Paul Wilhelm Gennrich wurde das Vorhaben konkret.

 

 

 

Prof. Dr. Otto Bartning
Prof. Dr. Otto Bartning

Das Projekt

Der Anspruch der Gemeinde an den Bau war hoch. Als Wahrzeichen deutschen evangelischen Lebens in der Diaspora und zugleich Zeugnis deutscher Kultur in der Welt musste sie sich sehen lassen können. Der Bauentwurf sollte von den Bedürfnissen und zugleich der Lage, Beschaffenheit und Gebräuchen der Gemeinde bestimmt sein. Die Verwendung landesüblicher Werkstoffe wurde als geboten angesehen, damit der Bau nicht wie ein Fremdkörper in der Landschaft wirkt, sondern sich bei aller Eigenart der Umgebung einfügt.

Prof. Dr. Otto Bartning, auch bekannt für seine evangelischen „Diasporakirchen“, war prädestiniert die an den Kirchbau gestellten Anforderungen architektonisch umzusetzen. Im Sommer 1931 nahm Pastor Gennrich Kontakt mit Prof. Bartning auf, den er als Student im damaligen Königsberg anlässlich einer Vortragsveranstaltung über modernen Kirchbau kennengelernt hatte. Am 19.11.1933 fand die Grundsteinlegung statt. Am 4. November 1934 konnte die Kirche feierlich eingeweiht werden. Das Pfarrhaus wurde ein halbes Jahr nach der Kirche bezugsfertig.

 

 

(Foto: Erna Marcus Jerosch-Herold)
Ein frühes Bild der neuen Kirche

Der Architekt & seine Philosophie

Prof. Bartnings Kirchen sind für die Predigt konzipiert. Er reduzierte die Kirche auf das nötigste: einfache Außenwände, ein großer Innenraum, offener Dachstuhl, die Kanzel optisch in der Mitte. Als Vorbilder in der Schlichtheit der Ausführung können die holz gedeckten Franziskanerkirchen Umbriens und der Toskana genannt werden.

Bartning achtete darauf, das Raumproblem möglichst ökonomisch zu lösen – so entstanden Kombinationen von Kirchen mit weiteren Gebäuden, um auch soziale Komponenten zum Tragen zu bringen. Neben der Kirche war das Pfarrhaus das Mindeste, ein Gemeindesaal und Gemeinschaftsküche sollten, nach seinen Vorstellungen, hinzukommen.

Seine Diasporabauten sollten, wenn erforderlich, auch anderen Zwecken dienen. Da die Sakralität des Raumes – wie oben dargestellt - durch den Gottesdienst hergestellt wird, kann folglich ein solcher Raum zu anderen Zeiten auch anderweitig genutzt werden.

 

 

Ein Vorhang, mit dem der Altarraum verdeckt werden konnte, wurde später entfernt
Ein Vorhang, mit dem der Altarraum verdeckt werden konnte, wurde später entfernt

Die Architektur der Deutschen Evangelischen Kirche in Lissabon

In exemplarischer Weise entwickelte Bartning für Lissabon ein Bauprogramm, in dem sich Kirche, Gemeindesaal und Pfarrhaus organisch durchdringen. Dabei nimmt der Kirchturm eine wichtige Funktion wahr: er ist Stütze für beide Gebäude und dient gleichzeitig als Treppenhaus für die Kirche und als Durchgangsraum vom Obergeschoss des Pfarrhauses zur Empore der Kirche.

Gestalterisch nahm Bartning Formen auf, die in der damals aktuellen Architekturdiskussion Portugals eine Rolle spielten - und ging in vielen Motiven bewusst auf die südeuropäische Kunstlandschaft ein.

Der Innenraum wurde zweipolig angelegt: dem Raum der Kirchengemeinde in bräunlichen Tönen (Glas, Holz, Kork) und dem Sakralraum mit hellem Stein.

Die DEKL zeigt die kirchenbau-theoretischen Vorstellungen Bartnings unverfälscht und ihrem ganzen Reichtum. So liegen in der Mittelachse unserer Kirche, hintereinander der Taufstein, die Kanzel sowie der Altartisch.

 

 

 

Der Bauerhalt

Otto Bartnings Gespür für die Bedürfnisse einer "Diasporagemeinde" ist es zu verdanken, dass seine Bauten noch heute den Anforderungen perfekt genügen. Seine damaligen Qualitätsansprüche garantieren, dass die Substanz von Bestand und erhaltenswert ist. Auch aus diesem Grund wurde die Idee verworfen, den Standort aufzugeben und näher an die linha zu ziehen, wo die meisten Gemeindeglieder leben.

 

In den Jahren 2002 – 2009 ist das aufwändige Vorhaben, Kirche und Gemeindehaus zu sanieren und zu renovieren, geglückt. Mit Hilfe von Spendengeldern, Krediten und bei eigenem hohem Engagement konnte die Gemeinde das wunderbare Gebäudeensemble in neuem Glanz erstrahlen lassen.

 

 

 

Ein neues Dach

Nach den Bauarbeiten im jahr 2009 war schnell absehbar, dass auch die Dächer der Kirche und des Gemeindehauses grundlegend saniert und zum Teil neu gedeckt werden mussten. Es handelte sich um die ersten Dächer von 1934. Im Sommer 2014, nach langem Ringen, Sparen und vielen Spenden, wurden die Arbeiten endlich durchgeführt.  Mit Gottes Hilfe verlief alles planmäßig und wir konnten am 7. September 2014 den ersten Gottesdienst unter dem neuen Dach feiern.

 

    

Wir sind sehr dankbar, dass wir dieses Vorhaben umsetzen konnten - und so Kirche, Haus und Hof substanziell erhalten konnten - für unsere Gemeinde heute und die kommenden Generationen.

 

Als kleine Gemeinde sind wir stolz auf unser einzigartiges Gotteshaus und unser Gemeindehaus – sie sind uns Mitte und geistliches Zentrum.

 

Unser neues Dach


 

Offenes Gemeindehaus

Im Pfarrhaus fanden mit Ausnahme des Gemeindekirchenrates und des Konfirmandenunterrichtes lange kaum andere Veranstaltungen der Gemeinde statt. In den 70er Jahren wurde die Notwendigkeit von offiziellen Gemeinderäumen erkannt: die beiden großen verbundenen Räume im Erdgeschoss dienen heute als Gemeindesalon, der Wintergarten als Kirchladen, die Küche als reine Gemeindeküche – und im Keller ist ein Jugendraum entstanden.

 

 

 

 

 

 

 

 

Offene Kirche

Schöne Gebäude sind für eine Kirchengemeinde das eine. Sie werden aber erst im eigentlichen Sinne schön, wenn hier Menschen zusammen kommen, die sich willkommen, im besten Fall wie zuhause fühlen.

 

Die Tür zur Kirche wie die Tür zum Gemeinde- und Pfarrhaus gehören deswegen zu den offenen in der Stadt. Sie stehen für die einladende, verbindliche und tolerante Gastfreundschaft der Gemeinde.